Kapitalherabsetzung in der Schweiz – Was KMU wissen müssen
Die Kapitalherabsetzung ist ein rechtliches und finanzielles Instrument für Unternehmen in der Schweiz. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bietet sie strategische Möglichkeiten zur Restrukturierung, zur Anpassung der Eigenkapitalstruktur oder zur Deckung von Verlusten. Gleichzeitig ist das Thema komplex und mit rechtlichen sowie steuerlichen Fallstricken verbunden. In diesem Beitrag beleuchten wir die verschiedenen Formen der Kapitalherabsetzung, ihre Voraussetzungen und die Folgen für Aktionäre.
Was genau bedeutet Kapitalherabsetzung?
Bei der Kapitalherabsetzung handelt es sich um eine Reduktion des in den Statuten kundgegebenen und im Handelsregister eingetragenen, gezeichneten Aktienkapitals. Die Kapitalherabsetzung ist in erster Linie im Aktienrecht geregelt und kommt erfahrungsgemäss meist bei Aktiengesellschaften zur Anwendung. Die Bestimmungen des Aktienrechts sind auf den Schutz der Gläubiger ausgerichtet, da die Kapitalherabsetzung zu einer Verminderung der Haftungsbasis der Gesellschaft führt. Die Kapitalherabsetzung kann entweder durch eine Herabsetzung des Nennwertes oder durch die Vernichtung von Aktien erfolgen (Art. 653j OR). Dabei darf das Aktienkapital nicht auf unter CHF 100’000 reduziert werden.
Was sind die Gründe für eine Kapitalherabsetzung?
Die Kapitalherabsetzung kann aus unterschiedlichen Gründen durchgeführt werden:
- Beseitigung einer Überkapitalisierung und Rückzahlung von nicht mehr benötigtem Kapital an die Aktionäre (steuerfrei)
- Vernichtung eigener Aktien
- Ermöglichung des Austritts einzelner Aktionäre aus der Gesellschaft
- Beseitigung einer Unterbilanz
- Verminderung von Kapitalsteuern

Wie läuft eine Kapitalherabsetzung ab?
Soll das Aktienkapital herabgesetzt werden, so ist der Verwaltungsrat verpflichtet, die Gläubiger darauf hinzuweisen, dass sie unter Anmeldung ihrer Forderungen Sicherstellung verlangen können (sogenannter Schuldenruf). Dieser Schuldenruf ist im Schweizerischen Handelsamtblatt zu veröffentlichen (Art. 653 k OR) und gibt den Gläubigern eine Frist von 30 Tagen.
Bevor das Aktienkapital herabgesetzt werden kann, muss die Generalversammlung einen entsprechenden Beschluss fassen. Dieser Beschluss ist öffentlich zu beurkunden. In der Regel muss ein zugelassener Revisionsexperte an dieser Versammlung teilnehmen. Dieser bestätigt mit einer Prüfungsbestätigung, dass die Gläubigerforderungen auf Basis des Jahresabschluss bzw. Zwischenabschluss sowie dem Schuldenruf trotz der Kapitalherabsetzung vollständig gedeckt sind. Nur wenn alle Aktionäre einstimmig darauf verzichten, kann auf die Anwesenheit des zuständigen Revisionsepxerten verzichtet werden (Art. 653m Abs. 2 OR).
Sind alle Voraussetzungen der Kapitalherabsetzung erfüllt, so ändert der Verwaltungsrat die Statuten und stellt dabei fest, dass die Anforderungen des Gesetzes, der Statuten und des Generalversammlungsbeschlusses zum Zeitpunkt der Feststellungen erfüllt sind und dass ihm die Belege, die der Kapitalherabsetzung zugrunde liegen, vorlagen. Liegt der Bilanzstichtag im Zeitpunkt, in dem die Generalversammlung die Herabsetzung des Aktienkapitals beschliesst, mehr als sechs Monate zurück, so muss die Gesellschaft einen Zwischenabschluss erstellen (Art. 653l OR).
Auch der Beschluss über die Statutenänderung und die Feststellungen des Verwaltungsrats sind öffentlich zu beurkunden (Art. 652o OR).
Im Anschluss können die Unterlagen dem Handelsregister zur Eintragung eingereicht werden. Die frei gewordenen Mittel dürfen den Aktionären erst nach der Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister ausgerichtet werden.
Deklarative und konstitutive Kapitalherabsetzung
Es gibt zwei Arten der Kapitalherabsetzung, welche unterschiedliche Auswirkungen auf Bilanz, Steuerbelastung und Aktionäre haben. Ein kurzer Überblick:
Eine häufig gewählte Variante ist die deklarative Kapitalherabsetzung, bei der eine vorhandene Unterbilanz buchhalterisch beseitigt wird, in dem eine Verrechnung der Unterbilanz mit dem Aktienkapital stattfindet. Da dabei kein neues Kapital eingebracht wird, liegt keine Sanierung, sondern eine technische Bilanzbereinigung vor. Bei einer deklarativen Kapitalherabsetzung kann sich die Stellung der Gläubiger nicht verschlechtern.
Demgegenüber steht die konstitutive Kapitalherabsetzung, bei der Kapital an die Aktionäre zurückgeführt wird. Das Unternehmen verliert in diesem Fall Substanz. Steuerrechtlich wird die konstitutive Kapitalherabsetzung als Teilliquidation betrachtet. Rückzahlungen, die über den Nennwert der Aktien und die Kapitaleinlagereserven hinausgehen, sind verrechnungssteuerpflichtig (Kapitaleinlageprinzip). Die konstitutive Kapitalherabsetzung bedeutet eine Verminderung der Gläubigersicherheit, da das Haftungssubstrat abnimmt. Aus diesem Grund unterliegt diese Form der Kapitalherabsetzung strengeren Gesetzesvorschriften.
Steuerliche Folgen nicht unterschätzen
Aktionäre spüren die Auswirkungen einer Kapitalherabsetzung unterschiedlich – je nachdem, welche Form gewählt wird. Erfolgt die Massnahme zur Beseitigung einer Unterbilanz, bleibt ihr wirtschaftlicher Status meist unverändert, auch wenn der Nennwert ihrer Aktien sinkt. Anders sieht es bei Rückzahlungen aus: Hier erhalten Aktionäre Kapital zurück, was einerseits willkommen sein kann, andererseits steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Kapitalherabsetzungen werden am Kapitalmarkt oft mit gemischten Gefühlen gesehen. Während eine bilanzielle Bereinigung das Vertrauen in die Unternehmensführung stärken kann, kann eine Auszahlung auch als Zeichen für fehlende Investitionsideen interpretiert werden. Für KMU, die meist nicht börsennotiert sind, spielen solche Signalwirkungen zwar eine geringere Rolle, dennoch sollte eine offene und transparente Kommunikation mit Investoren und Gesellschaftern gepflegt werden.
Folgen der Kapitalherabsetzung für Aktionäre
Die Kapitalherabsetzung kann je nach Gestaltung auch steuerliche Folgen für das Unternehmen und seine Aktionäre haben. Wird Kapital an die Aktionäre zurückgezahlt, kann dies grundsätzlich steuerfrei als Kapitalrückzahlung erfolgen, sofern es sich um Einlagen in das Gesellschaftskapital handelt, die im sogenannten Kapitaleinlageprinzip erfasst sind. Andernfalls droht eine steuerpflichtige Ausschüttung mit Verrechnungssteuerpflicht.
Auch die Auswirkungen auf die Verlustverrechnung sollten im Vorfeld geprüft werden. Deshalb empfiehlt es sich dringend, bei jeder geplanten Kapitalherabsetzung frühzeitig einen Steuerberater oder Treuhänder beizuziehen – gerade dann, wenn mehrere Stakeholder betroffen sind.
Fazit: Kapitalherabsetzung mit Augenmass und Strategie
Die Kapitalherabsetzung ist ein wirkungsvolles Instrument im Werkzeugkasten jedes Unternehmens. Sie kann helfen, die Bilanz zu bereinigen, Liquidität zurückzuführen oder das Eigenkapital effizienter zu strukturieren. Doch jede Variante, ob deklarativ oder konstitutiv, bringt ihre Besonderheiten mit sich.
Vor allem durch das neue Aktienrecht sind die Anforderungen klarer, aber auch strenger geworden. Unternehmen müssen sich intensiver mit dem Thema Schuldenruf, Gläubigerschutz und steuerlichen Folgen auseinandersetzen. Wer den Prozess sorgfältig plant, rechtzeitig Fachpersonen einbezieht und seine Aktionäre transparent informiert, kann die Kapitalherabsetzung jedoch als echten strategischen Vorteil nutzen.

Silvan Lattion
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